
Was bedeutet Demokratie? Kann Musik politisch sein? Und wie fühlt es sich an, wenn Sprache oder Musik verboten sind? Mit diesen Fragen und multikulturellen Musiker*innen und Medienmachern startete Vincentino im Herbst 2024 das Programm „Musik & Demokratie“ an Berliner Grundschulen. Das neue kulturelle Bildungsprogramm stärkt die Kinder eigene Positionen zu entwickeln, anderen zuzuhören und Unterschiede auszuhalten. Musik ist dabei die Brücke: Sie verbindet die Schüler*innen unabhängig von Herkunft, Sprache & Talent und macht erfahrbar, dass Demokratie ein gemeinsamer Prozess ist. 

Durch Spielen im Ensemble, auftretende Diskussionen und Storytelling in der Begegnung mit internationalen Künstler*innen erleben die Kids Werte wie Gleichberechtigung, Verantwortung, Vielfalt und Friedensengagement in der Praxis. Gestartet sind wir mit dem Pilotprojekt an einer Pankower Grundschule, weiter gings an die türkische Europaschule in Kreuzberg und jetzt gastieren wir direkt am Kottbusser Tor in der Jens-Nydahl-Grundschule. Im Frühjahr geht’s dann nach Südneukölln in eine Schule in Gropiusstadt. In den 3-monatigen Projekten mit je zwei Grundschulklassen (á 90 Min. pro Woche) besuchen wir natürlich auch spannende Orte, die für positive Gemeinschaft und demokratische Aushandlungen stehen. Die Schüler*innen besuchten u.a. die Barenboim-Said-Stiftung und den Pierre Boulez Saal, den Bundestag und den Lernortort 7xJung. Und natürlich haben wir sie mit den in vielen Sprachen erschaffenen Songs von „Payer of the mothers“ in englisch/arabisch/hebräisch bis zum kurdischen Song „Kavokem“ jeweils auf die Bühne gebracht, um die Message über ein positives demokratisches Zusammenleben in Schule, Elternhaus und Kiez hineinzutragen.

Projekt Informationen
Im Vincentino-Programm „Musik&Demokratie“ erforschen Schüler*innen der 5. oder 6. Klasse in einem Zeitraum über 12-14 Wochen wie das musikalische Miteinander demokratisches Handeln stärkt.
Die junge griechische Jazzmusikerin Evi Filippou, der syrische Fagottist Ahmad Qafour, der südafrikanische Musiker & Medienmacher Joseph Weinberg, die israelische Cellistin Illay Chester, die kubanische Schlagzeugerin Katrina Martinez, der Geschichtenerzähler und Mandolinenspieler Sven Tjaben, der kurdische Musikpädagoge Renas Ibrahim sowie der Medienkünstler Matthias Schellenberger nehmen die Kids mit auf die Reise, Songs direkt an Perkussion-Instrumenten einzustudieren, Texte selbst zu schreiben und vor allem Fragen zu stellen und sich mit andern auf respektvolle Weise ins Verhältnis zu setzen. Z.B. auch bei Besuchen an Orten, die für sie nicht alltäglich sind: im Bundestag, in der Barenboim-Said-Akademie, in einem Konzertsaal. Das ist Demokratie-Lernen ohne Arbeitsblätter – durch Erleben, Zuhören, Handeln.
In den wöchentlichen Workshops (á 90 Minuten) erproben sich die Kinder beim Musizieren auf praktische Weise: Wie wichtig ist es, Kompromisse zu finden, achtsam miteinander umzugehen, sich gegenseitig zuzuhören um ein gemeinsames Ziel zu erreichen, z.B. einen Song auf die Bühne zu bringen. Die Dozent*innen begegnen den Kids sehr bewusst auf Augenhöhe, als Menschen ganz persönlich und nahbar. Die Schüler*innen näheren sich mit spielerischen Interviews mit Tablets den Musiker*innen, sie stellen Fragen zum Leben in Syrien, Südafrika, Israel, Griechenland und Kuba und diskutieren über Werte und Meinungsvielfalt. Die ausgewählten Songs – das kurdische Friedenslied „Kavokem“, der kubanische Widerstandssong „La Muralla“ oder den Song für Gleichberechtigung „Forget to remember“ der namibisch-belgischen Sängerin Shishani eröffnen den Kindern kulturelle wie politische Perspektiven. Auch eigene Erfahrungen der Kinder wie Mobbing, Ängste oder der Wunsch nach Frieden werden mit Storytelling-Techniken zu persönlichen Texten verarbeitet. Die Musiker*innen arrangieren die Songs für die Kids immer neu, um alle mit ihren speziellen Talenten an den Instrumenten hörbar zu machen.
Wichtig ist auch, sichere Räume zu bieten, in denen die Kids sich bewertungsfrei ausprobieren und echte Begegnung stattfindet. Ein toller Moment im Projekt ist immer mittels der App Animated Texte zu gestalten, wobei die Kinder Botschaften an die Gesellschaft senden zu Frieden und Harmonie. Kein Krieg. Kein Rassismus. Gleiche Rechte für alle.
Zum Abschluss bringen wir die Demokratie immer auf eine Bühne: Die Kids präsentieren ihre Songs, teilweise mit eigenen Texten, performen mit Profi-Musiker*innen auf Augenhöhe, positionieren sich vor Greenscreen im „virtuellen Bundestag“ und laden Gäste ein, selbst Haltung zu zeigen: Was würdest du verändern, wenn du Bundeskanzler*in wärst? So fördern wir junge Berliner*innen, ihre Stimme zu finden, Haltung zu zeigen und etwas zu einer demokratischen, offenen Gesellschaft beizutragen.
Drei Projektreihen haben wir bereits umgesetzt: in der Bötzow-Grundschule in Pankow und der türkischen Europaschule Aziz-Nesin in Kreuzberg und aktuell die dritte Runde in der Jens-Nydal-Grundschule am Kottbusser Tor. Damit haben wir bisher etwa 150 Kinder erreicht. Im Frühjahr 2026 geht das Programm an die Gemeinschaftsschule am Campus Efeuweg in Gropiusstadt im Süden Neuköllns.
Entwickelt wurde das Programm von Ulla Giesler (Programmleitung Vincentino e.V.) und Evi Filippou (Musikerin, Komponistin, Musikdozentin). In jedem Einzelprojekt beteiligen sich mehrere internationale Musiker*innen und Medienschaffende.
Vincentino sorgt mit vielen Fortbildungen & Teamtagen mit den Dozent*innen für eine stetige gemeinsame Weiterentwicklung der Programmreihe, um die Kids immer frisch, lebendig, lebensnah, fröhlich abzuholen, Leben in die (Schul-)Bude zu bringen und für ein positives, selbst bestimmtes Miteinander und unsere Demokratie zu werben.
